Und er ging vor ihnen her – oder doch nicht? Der Stern von Bethlehem

Wer aktuell aus dem Fenster blickt, kann ihn sehen, einen Teil des Sternes von Bethlehem. Was sich kurios anhört, begründet sich auf eine der populärsten Hypothesen zu diesem möglichen Himmelsereignis. Hier heißt es: Weise aus dem Morgenland interpretierten ein Zusammentreffen der beiden Planeten Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische als Zeichen für Jesu Geburt in Judäa. Ein solches Zusammentreffen der beiden großen Gasplaneten ist gerade am Firmament zu beobachten, ohne teures Teleskop und Fachwissen. Im Fachjargon wird von einer Großen Konjunktion gesprochen.

Jupiter und Saturn am 18. Dezember 2020 – Foto: Christoph Lohuis

Seit Monaten liefern sich beide Planeten ein kosmisches Rennen, welches am 21. Dezember einen spektakulären Höhepunkt erreicht. Für das bloße Auge verschmelzen beide Planeten scheinbar zu einem Objekt, fast. Dieses Verschmelzen ergibt sich aber lediglich durch unsere Blickrichtung. Der tatsächliche Abstand beider Planeten beträgt hunderte Millionen von Kilometern. Zu einer solch Großen Konjunktion kommt es, da Jupiter für eine Umrundung der Sonne 12 Jahre und Saturn 30 Jahre benötigt. Starten beide gleichzeitig, holt der innere und schnellere Jupiter nach 20 Jahren Saturn ein. Genau dieses geschieht in den folgenden Tagen und wir haben unseren Weihnachtsstern.

Animierte Darstellung im Planetarium Neuenhaus – Der Verlauf der Großen Konjunktion im Jahr 2020 – Christoph Lohuis

Bleibt die Frage, ob eine solche Konstellation auch eine Erklärung für den Stern von Bethlehem gewesen sein könnte. Die Idee geht auf Johannes Kepler zurück, der im 17. Jahrhundert lebte. Kepler beobachtete eine Große Konjunktion im Jahr 1603 und brachte diese mit dem Aufleuchten eines Sternes im Jahr 1604 in Verbindung. Er vermutete, dass die Konjunktion die Geburt eines neuen Sternes ankündigte. Seine Idee, diese Erscheinung könnte der Stern von Bethlehem gewesen sein.

Natürlich besteht zwischen der Geburt eines neuen Sternes und den kosmisch gesehen nahen Planeten keine Verbindung. Darüber hinaus beobachtete Kepler auch nicht die Geburt, sondern das Sterben eines Sternes, dessen Reste heute noch sichtbar sind. Doch die Idee, dass eine Große Konjunktion die Geburt Jesu ankündigte, blieb. Auf der Suche nach diesem Himmelsereignis stellt sich konsequenterweise die Frage nach dem Geburtsjahr von Jesus. Unter Berücksichtigung historischer Personen, geschichtlich theologischen Aspekten und ein paar Abschätzungen landen die Berechnungen zwischen den Jahren 8 v.Chr. bis 4 v.Chr. Nicht im Jahre Null, welches es auch gar nicht gab und auch nicht im Dezember. Dass wir Weihnachten heute im Dezember feiern, hat andere Gründe. Um zu klären, wer diesem Stern möglicherweise folgte, richtet sich der Blick gen Osten. Gelehrte aus Babylonien berechneten und beobachteten akribisch Ereignisse am Himmel und landeten im Jahr 7 v. Chr. einen Treffer. Jupiter und Saturn näherten sich im Verlauf des Jahres gleich dreimal im Sternbild der Fische an.

Planetarium Neuenhaus: Der Sternenhimmel über Bethlehem im Jahr 7 v. Chr. – Christoph Lohuis

Eine solche dreifache Annäherung konnte aus heutiger Sicht zulässt in den Jahren 1682/83, 1940/41 und 1980/81 beobachtet werden und wird sich erst wieder im Jahr 2238/39 ereignen. Im Zuge eines Superlativs wird von einer Größten Konjunktion gesprochen. Neben der auffälligen astronomischen Erscheinung spielte die Symbolkraft eine große Relevanz. Astronomie und Astrologie waren zu dieser Zeit faktisch eine Fakultät, heute undenkbar. Jupiter war der Königsstern, Saturn der Planet des Volkes Israel und das Sternbild Fische stand für das Land Judäa aber auch für Fruchtbarkeit sowie Geburt. Und so ergab sich, dass in Israel ein neuer König geboren wird. Bei weiterer Zuspitzung dieser Wahrscheinlichkeiten wäre es möglich, dass die drei Sterndeuter im Laufe des Herbstes in Jerusalem eintrafen. Hätten sie dann zum Himmel geblickt, standen die beiden Planeten nach Sonnenuntergang im Süden – direkt über Bethlehem. Zu schön, um wahr zu sein.

Jupiter, Saturn und die Mondsichel im November 2020 – Foto: Christoph Lohuis

Was bleibt? Naturwissenschaftlich untermauern lässt sich diese Hypothese nicht und vieles bleibt Spekulation. Diverse Aspekte sprechen auch konkret gegen diese Überlegungen. Aber vielleicht liegt der Kern der Wahrheit auch in der Symbolik des Sternes, der uns zur Krippe führt. Wann, wenn nicht jetzt brauchen wir Hoffnung und den Blick nach vorn! Solidarisch werden wir die aktuelle Krise bewältigen. Vielleicht ist das ja auch ein Teil der Wahrheit des Sternes von Bethlehem…

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