Von einem frostigen Eisbrocken und lauen Sommernächten

Kometen faszinierten die Menschen in jeder Epoche und auch in der heutigen Zeit haben sie nichts von ihrem Mythos verloren. Zwei Kandidaten dieser Art prägten auch mich – Hyakutake und Hale-Bopp. Der Halleysche-Komet ging noch an mir vorbei, naja, da war ich auch erst 10… Insbesondere Hale-Bopp ist Vielen im Bewusstsein geblieben, wenn man das nötige Alter hat. Zu Beginn des Frühjahres 1997 stand dieser Brummer von Komet für mehrere Wochen unübersehbar am Firmament. Es hätte auch ein himmlisches Zeichen für den Champions-League-Sieg von Werder Bremen sein können. Häufiger als gedacht, sind die frostigen Besucher aus den Tiefen des Sonnensystems zu beobachten. Für 99,99% der Bevölkerung aber uninteressant, da zur Sichtung ein Teleskop oder fotografisches Equipment notwendig ist – am besten beides.

Komet NEOWISE am 13. Juli 2020 – 0.15Uhr (Christoph Lohuis)

Vom Anblick eines Hale-Bopp sind wir aktuell noch weit entfernt, aber NEOWISE ist endlich mal wieder ein Komet, der mit bloßem Auge gesichtet werden kann und das JETZT. Und ja, ich weiß, das alles hat nichts mit Hochglanz-Bildern gemein. Aber wer sich etwas Zeit nimmt und sich noch etwas Mühe gibt, der kann um Mitternacht den Kometen tief über dem Nordwest-Horizont erspähen. Dezent, wie ein unscharfer Stern mit Anhängsel. Aber, 23 Jahre nach Hale-Bopp sind eine lange Zeit und man sollte diese Chance nutzen, auch wenn sie vordergründig langweilig erscheint.

Für die Kometenfreunde noch einige Fakten: Kometen sind, wie soll man es sagen, stark didaktisch reduziert, einige Kilometer große Brocken aus Eis, Staub und Geröll. Das ist wirklich sehr vereinfacht, das wissen die Wissenschaftler umso so mehr, als sie versuchten, auf einem Kometen zu landen. Kommt ein solch dreckiger Eisklumpen der Sonne näher, schmelzen Teile und der charakteristische Schweif entsteht. Die Eiskerne kommen ursprünglich vom Rand unseres Sonnensystems und stürzen manchmal Richtung Sonne. Auf diesem Ritt um die Sonne gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens, die völlige Zerstörung. Zweitens, der Flug um die Sonne gelingt und der Komet bewegt sich weiter auf seiner Bahn. Genau dieses hat C/2020 F3 (NEOWISE), so sein kryptischer, aber exakter Name, geschafft.

Komet NEOWISE am 13. Juli 2020 – 0.05Uhr (Christoph Lohuis)

Nachdem NEOWISE erst nur in der Morgendämmerung zu sehen war und das bedeutet im Sommer sehr früh aufstehen, verlagern sich seine Sichtungsmöglichkeiten immer mehr in den Abendhimmel – im Sommer auch eher der frühe Nachthimmel. Aktuell ist er in der Abenddämmerung noch tief im Nordwesten zu sehen und bewegt sich dann im Laufe des Julis unterhalb des Großen Wagens vorbei – eine gute Aufsuchhilfe. Wie sich die Helligkeit entwickeln wird… das weiß niemand so genau. Also die Chance nutzen und auch zu einem gerade wahrnehmbaren Objekt einmal sagen, gut, ich habe in meinem Leben einen Kometen mit eigenen Augen gesehen. Dazu noch laue Sommerabende, eine Flasche guten Riesling und einfach den Sternenhimmel mit samt Kometen genießen.

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